„Was haben die Jugendlichen des Jahres 2021 mit dem Gedenken an die Opfer des Zweiten Weltkrieges zu tun?“ Diese Frage eröffnet das etwa 15-minütige Theaterstück des Kurses ds31, das dieser eigens für die niedersächsische Landesfeier des Volksbundes für Kriegsgräberfürsorge entworfen hatte. Die prompte Antwort der jugendlichen Darstellerinnen und Darsteller: „Nichts!“
Dass diese Antwort freilich nicht zutrifft und dass gerade heutige Jugendliche ganz genau spüren, welche Verantwortung im Begriff „Erinnerungskultur“ tatsächlich steckt, wollten die Schülerinnen und Schüler mit ihrem Stück zeigen. In der Vorbereitung lasen sie daher Feldpost von deutschen und russischen Soldaten, die sich in den Jahren 1941/1942 bei den verheerenden Schlachten in der damaligen Sowjetunion gegenüberstanden. Da schrieb der deutsche Divisionspfarrer Gustav Raab angesichts einer aussichtslosen Lage im Stalingrader Kessel: „Es kann doch nicht sein, dass ich die Heimat nicht wiedersehen soll. Dieser Gedanke beschäftigt mich stündlich und täglich.“ Der russische Soldat Dmitri schreibt etwa zur gleichen Zeit an seine Eltern: „Ich bin irgendwie gleichgültig geworden und habe eigentlich keine Angst zu sterben. Es tut mir nur leid um Euch; schade, dass ich Euch damit weh tue. Danke für Eure Fürsorge und Eure Zärtlichkeit. Euch sucht mein letzter Blick.“ Der direkte und sehr persönliche Zugang zu den Schrecken dieses Krieges, der uns sonst durch sehr monströse Opferzahlen im Gedächtnis ist, wird durch die einzelnen Zeugnisse spürbar, greifbar.
Neben den Feldpostbriefen fügen die Schülerinnen und Schüler auch letzte Zeugnisse von Opfern der Nationalsozialisten in das Stück ein, die in den Konzentrationslagern oder in den Gefängnissen der Gestapo ihrem unfassbaren Schicksal entgegensehen mussten. Da ist der Abschiedsbrief, den der Widerstandskämpfer Ludwig Krall an seine Kinder schrieb, da ist ein vergilbter Zettel, der in der Nähe des Massengrabes von Babyn Jar gefunden wurde, auf dem sich Fanja an die Nachwelt richtete und da ist da Zeugnis des Rabbis, der erstmals von den Gaskammern in Auschwitz erfahren musste.
All dies fügte der Kurs in Kombination mit Texten von Wolfgang Borchert und Bert Brecht zu einem eindrucksvollen Gesamtwerk zusammen, das die vielen Zuschauerinnen und Zuschauer im Juleum berührte und für minutenlange Applaus sorgte. Gerade die von Helena und Esther Wedekind grandios gesungene Brechtsche „Kinderhymne“ ging unter die Haut. Neben den prominenten Gästen, wie Kultusminister Tonne und Landrat Radeck, bedankten sich nach der Veranstaltung viele Gäste persönlich bei der Schülergruppe für das Engagement und den bewegenden Beitrag.